Festival der Künste in Westhofen - ein Kunstfest mit Genuss
Was machte früher (oder vielleicht sogar noch heute) eine gute Bürgergemeinschaft aus?
Eine rege Anteilnahme vieler Gruppen am Gemeinschaftsleben.
Und was benötigt kurzum eine rege Bürgerschaft?
Kooperation und Vernetzung sowie Räumlichkeiten zur Begegnung.
Und was hält alles zusammen, damit es funktioniert?
Engagement, Leidenschaft und wenig Kommerz.
Als Bewohner einer mittelgroßen Stadt, bzw. als Wanderer durch Großstadtmilieus glaubt man kaum, dass dies heute noch möglich ist. Viele Veranstaltungen, die den Begriff "Festival" tragen, sind mittlerweile durch und durch kommerziell. Auch die kommunalen Akteure gehen immer mehr aus ihrer Verantwortung und übertragen die Organisation solcher Vorhaben auf gewinnorientierte Träger. Ganz zu schweigen, dass man unproblematisch an Räumlichkeiten zur Ausgestaltung kommt. Alleine schon die rechtlichen bzw. Sicherheitsfragen engen den Gestaltungsspielraum immer mehr ein.
Nicht so in Westhofen- einmal im Jahr sind, wenn es um das Festival der Künste geht, alle dabei – Stadt, Kirchen, private Initiativen etc.
Am letzten Juliwochenende war es mal wieder so weit. Ein Wegweiser führte durch die Stadt zu mehr als 15 Anlaufstellen (Kunstorte). Insgesamt 25 Künstler präsentierten ihre Werke. Diesmal auch in Kooperation mit dem Mainzer Kunstverein „Eisenturm“, der durch die Künstlerin Karin Waldmann mit Skulpturen vertreten war. Auch die regionale Künstlervereinigung ART Wonnegau war im Weinkontor als Gruppenausstellung zu bewundern (u.a. Hans Jörg Kircheis - siehe Bild). Ein Nachmittag reicht natürlich nicht um alle Orte zu besuchen. Aus diesem Grund kann ich auch nur über einen kleinen Ausschnitt berichten. Vorab aber eins: Überrascht war ich vom Ort Westhofen. Eine kleine Stadt mit Flair und einigen Unikaten – so z. B. auch das Haus Nr. 3. Und das sich im Gebäude befindliche Museum ist alleine schon ein Ausflug in den Wonnegau wert – wie auch die Straußwirtschaften – von denen wir zum Abschluss eine besuchten und einen erfrischenden Schoppen genossen.
Aber zurück zur Kunst: Im besagten Haus Nr. 3 traf ich auf die Künstlerin Brigitte Kümmell, die mit Collagen aufwartet, die aus verschiedensten Materialien entwickelt wurden. So z. b. auch mit Hilfe von Aluminiumplatten bzw. Glas. Auch sogenannte Objektkästen zu verschiedenen Themen wurden präsentiert, z. B. Köchin mit Ente. Spannend fand ich, dass diese Objekte bestens zum Museum passten, da hier ja vielfältig Gegenstände zeitgeschichtlich angeordnet waren. Man musste teilweise zweimal hinschauen, um die Kunst vom zeitgeschichtlichen Gegenstand zu trennen (oder ist alles sogar eins?) Selbst die abstrakten Bildwerke (alle auf Holz, Acryl, Pastell) fügten sich nahtlos ins museale Geschehen ein. Besonders gefallen haben mir die Glasbilder, die direkt am Fenster - schön mit einer natürlichen Hintergrundbeleuchtung versehen - dargeboten wurden.
Ich muss sagen ich bin begeistert von Ausstellungskonzeptionen, die die Kunst in Bezug zu fremden oder auch Alltagsräumlichkeiten bringen. So entsteht teilweise Neues und auch der Künstler ist gefordert die Präsentation seiner Werke neu zu denken. Weiße Wände passen immer – aber die Welt ist nicht uniform und Kunst sollte sich nach meinem Dafürhalten auch auf „Weltliches“ einstellen können. Eine Werkreihe von Brigitte Kümmell beschäftigte sich dementsprechend mit "Orten". Ein Ort ist in Kunstkreisen momentan in aller Munde: und zwar die Kunsthalle Mannheim. Ihr widmete sich die Künstlerin mit einer ausdrucksstarken Collage. Hier kann man sogar mittlerweile auch von einem zeithistorischen Dokument sprechen, da mit dieser Ortsdarstellung die Übergangszeit von der alten zur neuen Kunsthalle festgehalten wurde. Für mich nochmals ein guter Fingerzeig unbedingt noch in diesem Sommer die neu gestaltete Kunsthalle in Mannheim zu besuchen.
Die nächste Ausstellung, die mich faszinierte, war die von der Künstlerin Grit Reis in der evangelischen Kirche. Frisch renoviert boten sich für die Kunstfotografien von Reis wunderbare Orte, so z. B. auch direkt über dem Altar – im direkten Blickbezug zum Mittelgang der Kirche präsentierte sich eine Fotografie, die sofort die ganze Aufmerksamkeit der Besucher auf sich zog. So wo sonst eigentlich das zentrale Symbol des Kreuzes zu erwarten ist - war nun eine Frau zu sehen, die schräg zu einer Wand mit dem Kopf in einer Luke steckte. Ist Sie neugierig, will sie dahinter schauen und hat ihre Neugier sie nun gefangen - zu mindestens die Körperhaltung deutete nicht die Sprache der Entspannung an.
Die anderen Fotocollagen schienen wie für diese Kirche gemacht – Farbwahl sowie die gewählte Komposition fügten sich harmonisch ein. Ein echter Genuss der unter der Überschrift "Neue Ideen" im Ausstellungsverzeichnis aufgeführt wurde.
Ein weiterer Punkt unter der Rubrik „Neue Ideen“ waren die Zeichnungen von Andrea Farrenkopf, dargeboten im 1. OG der Ortsverwaltung. Hier bestach für mich wieder die Ortswahl - da die kargen skizzenhaften Zeichnungen (geführt mit einer schwarzen Linie auf weißem Papier) wunderbar zu den Linien der Stuck- und Kassettendecke der Ortsverwaltung passten.
Mutig in der Darbietung- konsequent in der Besetzung der Rubrik „Neue Ideen“. So etwas macht aus meiner Sicht Spaß und bringt Kunstverständnis in den Blickpunkt des Geschehens.
Im Park von Westhofen mündete alles in einem gemeinsamen und auch kulinarischen Mittelpunkt. Die Kulisse der Ruine immer im Blick- ergänzt durch wunderbare Skulpturen des Künstlers Joachim Harbut.
Also kurzum – das Festival der Künste gehört nun zu meinen festen Jahresterminen. Ein Besuch ist ihnen anzuraten. Bis zum nächsten Jahr - vielleicht sieht man sich!